KAPTIALKOMPASS #41: Changing World Order
- service4100
- 16. Apr.
- 4 Min. Lesezeit
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
die erneuten Zollankündigungen von Donald Trump sorgen für Schlagzeilen und Bewegungen an den Finanzmärkten – doch sie sind kein Selbstzweck. Vielmehr markieren sie den nächsten Schritt in einer tiefer liegenden, historischen Dynamik: dem strukturellen Wandel der globalen Ordnung.
Wir bei HOLON halten es für essenziell, nicht auf das „Was“, sondern auf das „Warum“ zu blicken – und das über kurzfristige Reaktionen hinaus.
Trumps Zölle:
Oberfläche eines tieferen Strukturwandels
Trump lehnt Freihandelszonen mit der EU kategorisch ab. Er verhängt drastische Zölle – auf europäische Industriegüter, auf Autos, auf chinesische Produkte, teils über 100 %. Doch es geht nicht nur um Handelsdefizite oder Standortschutz. Diese Maßnahmen sind Teil eines wirtschaftspolitischen Verteidigungsplans: Sie sollen eine seit Jahrzehnten bestehende Abhängigkeit der USA von asiatischen Exportmärkten und globalen Lieferketten brechen.
Wer Trumps Politik verstehen will, muss die zugrunde liegenden tektonischen Kräfte verstehen, die auch die Kapitalmärkte bewegen. Und genau hier setzen wir an.
Die fünf zentralen Kräfte des Wandels
1. Die monetäre Ordnung ist überdehnt.
Die Weltwirtschaft steht auf einem Schuldenfundament. In den USA übersteigt der Schuldenanstieg das Wirtschaftswachstum deutlich – finanziert wird Konsum durch Geldschöpfung. China hingegen exportiert und hortet Kapitalreserven. Dieses Ungleichgewicht ist strukturell nicht tragfähig.
2. Die politische Polarisierung lähmt Handlungsfähigkeit.
Insbesondere in den USA blockieren sich politische Lager zunehmend. Der Mittelweg – Voraussetzung für demokratische Stabilität – scheint verloren. Dies öffnet den Weg für populistische Entscheidungen mit kurzfristigem Nutzen und langfristigen Risiken.
3. Die geopolitische Weltordnung wird neu verhandelt.
Die USA verlieren die unangefochtene Führungsrolle. China investiert gezielt in Bildung, Innovation, Infrastruktur und Militär. Gleichzeitig nutzen die USA wirtschaftliche Werkzeuge – Zölle, Sanktionen, Kapitalmarktzugang – als geopolitische Hebel.
4. Technologischer Wandel als Katalysator.
Künstliche Intelligenz, Digitalisierung und Automatisierung verändern Machtverhältnisse. Wer die Kontrolle über technologische Infrastruktur hat, definiert künftig Handelswege, Wertschöpfung und Datensouveränität.
5. Klimawandel und externe Schocks wirken systemisch.
Naturkatastrophen, Pandemien und Umweltmigration verändern Produktionsmodelle, Lieferketten und letztlich Investitionsentscheidungen. Sie sind kein Randthema mehr, sondern ein makroökonomischer Faktor.
Der Blick durch die Linse von Ray Dalio
Um die aktuellen Entwicklungen richtig einzuordnen, lohnt ein Blick auf das Modell des „Changing World Order“ von Ray Dalio – einem der einflussreichsten Makro-Investoren unserer Zeit. Er beschreibt die Dynamik von Weltmächten in Form eines großen historischen Zyklus, der sich über etwa 250 Jahre erstreckt und in acht Phasen unterteilt ist.
Diese Phasen folgen einem klaren Muster:
Entstehung einer neuen Weltordnung (Aufstieg)
Phase von Frieden, Wohlstand und Produktivitätszuwachs
Finanzblasen und zunehmende Vermögensungleichheit
Wirtschaftlicher Abschwung und Finanzkrisen
Monetäre Expansion durch Gelddrucken und Schuldenausweitung
Revolutionen, soziale Spannungen und militärische Konflikte
Politische und wirtschaftliche Neuordnung
Etablierung einer neuen Weltmacht – Beginn eines neuen Zyklus
Jede Übergangsphase ist geprägt von Unsicherheit, Machtverschiebungen und häufig auch Konflikten zwischen alten und neuen globalen Akteuren.
Laut Dalio befinden sich die USA aktuell in Phase 5 bis 6: einer Phase, in der expansive Geldpolitik und massive Verschuldung die wirtschaftlichen Grundlagen belasten, während innenpolitische Spannungen zunehmen. Die Dominanz des US-Dollars, lange Zeit ein Anker der globalen Stabilität, gerät zunehmend unter Druck – insbesondere durch den aufstrebenden Einfluss Chinas.
China wiederum sieht Dalio zwischen Phase 3 und 4. Das Land investiert strategisch in Bildung, Innovation, Infrastruktur und militärische Stärke – all jene Faktoren, die laut Dalio den Aufstieg einer Supermacht begünstigen.
Acht Kriterien machen in seinem Modell die Stärke einer Nation aus:
Bildung
Innovationskraft und technologischer Vorsprung
Wettbewerbsfähigkeit der Industrie
Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
Anteil am Welthandel
Militärische Schlagkraft
Finanzielle Infrastruktur und Kapitalmarkttiefe
Bedeutung der eigenen Währung als globale Leitwährung
Die historische Parallele: Ähnlich wie im 19. Jahrhundert das Britische Empire von den USA abgelöst wurde, sieht Dalio aktuell Anzeichen dafür, dass die USA von China als führende Wirtschaftsmacht herausgefordert werden. Der Machtwechsel geschieht dabei nicht plötzlich, sondern verläuft über Jahre – oftmals begleitet von Handelskonflikten, Kapitalbewegungen, geopolitischen Spannungen und Währungsverschiebungen.
Fazit dieses Modells: Wer verstehen will, wohin die Welt steuert, muss die Muster der Vergangenheit kennen. Zölle, geopolitische Reibungen und geldpolitische Extreme sind keine Einzelereignisse – sie sind Signale für eine größere Transformation.



Was bedeutet das für Anleger?
Zölle sind keine Einzelmaßnahme – sondern Symptom eines Systemwechsels.
Die USA versuchen, ihre Position im Machtgefüge abzusichern. Zölle, Exportkontrollen, Infrastrukturprojekte wie im Panama-Kanal oder Investitionen in heimische Produktion dienen einem Ziel: strategische Autarkie.
Die Vorstellung ewigen Wachstums durch Zinssenkungen ist passé.
Wir treten in eine Ära höherer Volatilität ein. Der „Marktput“ der Notenbanken hat an Wirkung verloren – die Instrumente sind ausgeschöpft. Die Kapitalmärkte müssen sich neu justieren.
Robuste Allwetter-Portfolios gewinnen an Bedeutung.
Sachwerte wie Gold, Infrastruktur, Rohstoffe und dividendenstarke Qualitätsaktien sind keine Spekulationsobjekte, sondern Bausteine robuster Portfolios. Die richtige Diversifikation schützt nicht nur vor Kursschwankungen – sondern vor Systemrisiken.
Fazit: Strategien für neue Ordnungen
Die eigentliche Frage ist nicht, ob Trump Präsident bleibt – sondern wie lange sich die alte Weltordnung noch halten kann. Wer sich ausschließlich auf Inflationsdaten, Zinsen und Notenbankentscheidungen konzentriert, riskiert, den historischen Kontext zu übersehen.
Wir bei HOLON empfehlen, Vermögen langfristig resilient aufzustellen:
Breite Streuung über Regionen und Anlageklassen
Fokus auf Substanzwerte und Realvermögen
Szenariobasierte Planung statt kurzfristiger Timing-Versuche
Wenn sich die Welt neu sortiert, ist es klug, vorbereitet zu sein – nicht überrascht.
Mit besten Grüßen und einem erfolgreichen Investieren,
Ihr Service-Team

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Quellenangabe:
Torsten Leißner